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Erinnerung an die große anerkannte komplette Seegfrörne von 1963

Kinder wurden von ihren Eltern mit dem Schlitten übers Eis gezogen, Jung und Alt spazierten von Bregenz bis nach Lindau, und manche genossen auch einfach nur den Anblick. Im Februar 1963 fror der Bodensee das letzte Mal komplett zu.

Es ist für die Bodensee-Anwohner schon ein ganz besonderes Ereignis, wenn die Fläche des Schwäbischen Meeres nicht nur in flacheren Uferzonen, sondern auf der ganzen Länge von Bregenz bis Konstanz zu einer riesigen, begehbaren Eisfläche wird.

Seegfrörne als absolut seltenes Ereignis

Die letzte anerkannte Seegfrörne jährt sich nun zum 60. Mal. Der Bodensee fror komplett zu. Die Eisschicht war so dick, dass Menschen mit ihren Autos, Mofas, Schi und Rodel darüber fuhren oder sich in einem ausgedehnten Spaziergang auf den zugefrorenen See wagten.

Eine Seegfrörne ist ein absolut seltenes Ereignis. Nur drei Mal, im Winter 1829/30, im Winter 1879/80 und im Winter 1962/63, ist der Bodensee in den letzten 200 Jahren zugefroren, historischen Aufzeichnungen zufolge seit 875 gar nur 33 Mal. Die letzte „Halbgfrörne” wurde rund um den 12. Februar 1929 dokumentiert. Dies auch mit dem tragischen Tod von drei Kindern, die sich mit zwei Erwachsenen und drei weiteren Kindern von Hard aus mit Schlittschuhen auf das trügerische Eisparkett gewagt hatten.

Strenger Winter 1962/63

Es bedarf schon einer abnorm großen, ab November lang anhaltenden Kälte, verbunden mit geringem Wellengang, um die gesamte Wasserfläche von 538 Quadratkilometern zu einem Eispanzer erstarren zu lassen. Im Winter 1962/63 war es wieder einmal so weit.

Schon im November 1962 war es damals mit bis zu minus 7,5 Grad Celsius sehr kalt. Der Dezember brachte Tiefsttemperaturen von minus 10 bis minus 14 Grad Celsius, die sich dann im Februar 1963 bis auf minus 22 Grad Celsius steigerten. Diese Temperaturen, verbunden mit einer schwachen Luftströmung, ließen die gesamte Wasserfläche des Bodensees zur Jahrhundertseegfrörne 1963 erstarren. Vom 7. Februar bis zum 10. März 1963 konnte man den See dann ganz offiziell zu Fuß, mit dem Fahrrad und dem Auto überqueren.

Gemeindechronist Erwin Bennat berichtete

Der langjährige Gemeindechronist und „Hobbyarchivar“ Erwin Bennat dokumentierte in seinem Bericht in der Gemeindeinformationsschrift „Lochau Heute“ im April 1999 seine ganz persönlichen Erinnerungen an diese große „Eiszeit“, wenn er schreibt:

„Am Sonntag, dem 3. März 1963, ging ich mit meiner Gattin Leni und meinen vier Kindern Irmgard, Josef, Margit und Günter im Alter von fünf bis 15 Jahren zum „Eisschauen“ an den See. Dort angekommen, sahen wir ganze Menschengruppen von Bregenz aus, wie in einer Prozession, in Richtung Lindau wandern. Also wagten auch wir erste zaghafte Schritte auf die riesige Eisfläche, gerieten aber dann wie in einem Sog immer weiter hinaus und marschierten dann auch mit all den vielen anderen unverdrossen auf der glatten oder schneebedeckten Eisstraße bis vor die Gestade der Inselstadt Lindau.

Vor dem Hafen mussten wir ganz abenteuerlich eine vom Wellengang aufgeworfene meterhohe Eisbarriere übersteigen und sogar über einen Spalt im Eis hüpfen. Aber den Leuchtturm und den bayrischen Löwen bei der Lindauer Hafeneinfahrt sozusagen einmal aus einer ganz ungewohnten Perspektive und in nächster Nähe zu sehen, das war schon ein Erlebnis der besonderen Art. Mangels Deutscher Mark und Reisepapieren, der Ausflug war ja nicht geplant gewesen, mussten wir zu Fuß den Rückweg über die Eisfläche antreten. Müde, aber glücklich und zufrieden, erreichten wir bei schon einbrechender Dunkelheit das sichere, heimatliche Lochauer Ufer beim Strandhotel.“

Das offizielle behördliche Ende der Seegfrörne von 1963 kam schlussendlich am 6. März mit dem amtlichen Verbot, die nun gefährliche Eisfläche zu betreten. Ursache hiefür war ein warmer Föhnsturm samt dem damit verbundenen einsetzenden Tauwetter. Die treibenden Eisschollen wurden zusammengeschoben. Es bildeten sich meterhohe Eisberge, doch es dauerte noch mehrere Wochen, bis alles Eis geschmolzen war.

Dass der Bodensee auch in den nächsten Jahren wieder einmal vollständig zufrieren wird, das ist im Zuge des heutigen Klimawandels eher unwahrscheinlich.

Bericht – Manfred Schallert / Fotos – Sammlung OGS/BMS, Erwin Bennat, Wolfram Baldauf, Schallert/BMS

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